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"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", besagt der Gleichheitsgrundsatz der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948. In der Praxis unserer Lebens-
und Arbeitswelt aber ist ein Einklang des Wertes der Freiheit mit dem Wert der Gleichheit mehr die Ausnahme als die Regel. Viel eher stellt sich wiederholt die Frage: wollen wir zugunsten der Gleichheit auf Freiheit verzichten oder nehmen wir zugunsten der Freiheit Ungleichheit in Kauf?

In ihrer für die Ausstellung in der AK Wien geschafenen Raum-Installaton On Equality and Conformity eröfnet uns die stets medienrefexiv arbeitende Künstlerin Sissa Micheli einen zunächst spielerisch-leicht gestalteten Einsteg in ein komplexes Themenfeld von sowohl gesellschaflich als auch
persönlich existenzieller Bedeutung:
Auf vier großformatgen Fototapeten foteren körperlose Figuren in jeweils unterschiedlichen Farben und Outits tänzerisch durch grenzenlose Räume. Identfzierungen lassen sich bestenfalls im Bereich ihrer berufichen Tätgkeiten festmachen: traditonellerweise steht weiße Arbeitskleidung für "Hygiene" – Medizin, Labor, Bäckereigewerbe … – , Blau steht für Arbeit, Handwerk und uniformierten (Staats)Dienst, Grün für Gärtnerei, Wellness, Physiotherapie und OPPersonal, Rot für Pfege- und Retungsdienste.

Zwischen diesen ungeerdeten und ihrer individuellen Persönlichkeit entleerten Figuratonen leuchtet in weißer Neon-Schrif ein Statement auf: Equality is not conformity. Das heißt: Gleichheit ist mit Konformität, also der Anpassung des Einzelnen an die Normen der Mehrheit einer Gesellschaf oder eines sozialen Systems, nicht gleichzusetzen. Während nämlich das Recht auf Gleichheit die Verschiedenheit der Menschen voraussetzt, tendiert Konformität zur Aufgabe der Individualität zugunsten der Übernahme der Meinung Anderer. Was wiederum zwei Seiten hat: Entwicklung
von Solidarität zwecks Durchsetzung eines gemeinschaflichen Anliegens hier beziehungsweise von Konformismus als unrefekterte Übernahme äußerer Werte einer sozialen Mehrheit oder Etkete da. Letzteres Phänomen beruht nicht selten auf der Angst vor Ausschluss aus der sozialen Gemeinschaft.

Fear less. Speak your mind!, schreibt Sissa Micheli auf die letzte Wand ihres großen Story-Boards. Als Appell für Freiheit, Selbstbestmmung und Selbstverantwortung des Individuums in der Gesellschaf. Denn es gibt, wie die Freiheitsforscherin Ulrike Ackermann sagt, zwar "keine bestmmte Konzepton des guten Lebens, die für alle gültg wäre, aber das Recht eines jeden – frei und gleich geboren –, sein jeweiliges Glück zu verfolgen".

Lucas Gehrmann.